Einen sehr persönlichen Blick auf den Begriff „arm“ wirft der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Er habe eine Bahncard, einen „Mercedes mit Fahrer“, wenn er verreisen müsse, sowie „eine finanzielle Absicherung bis zum Tod“. „Ich bin an vielem sehr reich, aber ich fühle mich arm an Zeit“, sagt der Erzbischof. Allerdings sei sein Einsatz für mehr Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen, dem er seine Zeit widme, eine freiwillig gewählte Armut, der er sich gerne stelle.
Und dann gibt es noch Angelika, die jahrelang obdachlos war, sich heute als Lebenskünstlerin bezeichnet und das Nürnberger Sozialmagazin, den „Straßenkreuzer“, verkauft. Auf die Frage, was die Menschen von der Kirche erwarten, habe ihr mal ein Mann „Schuhe für alle“ geantwortet, schreibt sie in ihrem Buchbeitrag. Eine Einschätzung, die die 65-Jährige teilt. Eigene, nicht von anderen bereits getragene Schuhe, seien wichtig für ihr Selbstwertgefühl.
„Selbstwertgefühl und Selbstachtung sind meines Erachtens für Menschen wichtiger als Kleidung und Essen.“ Als einen richtigen Weg schlägt sie Besuchsdienste vor, die die Kirchengemeinden in armen Vierteln organisieren sollten. Man könnte dort für die Menschen das sammeln, was sie am dringendsten benötigten, etwa einen Kochtopf, Lebensmittel oder Schulsachen. „Viele der Menschen, denen auf diese Weise geholfen wird, würden nicht zur Caritas gehen und um Hilfe bitten. Wer dorthin geht, gibt zu, dass er arm ist. Denn da muss man einen Ausweis vorlegen.“
Auch im Szenario für das Jahr 2043 von Misereor-Experte Riehl wird Solidarität groß geschrieben: „Afrika darf in diesen schweren Zeiten Europa nicht im Stich lassen. Jetzt geht es darum, dem Norden zur Hilfe zu kommen. It''s pay back time.“
Von Julia Grimminger