Frage: Inwiefern werden diese Nachhaltigkeitskriterien von Bundesländern und Kommunen eingehalten?
Tänzler: Seit 2009 gibt es das Siegel
Fairtrade-Town
. Jede Stadt kann sich als solche zertifizieren lassen, wenn sie bestimmte öko-faire Kriterien einhält. Hier gibt es schon Vorreiter, zum Beispiel die Stadt Bonn, die vor vier Jahren mit dem Titel „Fairtrade-Town“ ausgezeichnet wurde. Wir merken, dass ein Umdenken stattfindet und immer mehr Städte mitmachen.
Frage: Wie sieht das Ganze bei den Diözesen und Kirchengemeinden aus?
Tänzler: Das ist für uns als katholischer Jugendverband ein ganz großes Thema. Von den Getränken auf dem Gemeindefest, über die Nutzung von Solarenergie bis zum Sitzungskaffee: In kirchlichen Bildungswerken, Jugend- und Verbandshäusern sowie Kirchengemeinden besteht noch großer Bedarf. Eine Hilfestellung bietet die Initiative
Zukunft einkaufen
, die gemeinsam von der katholischen und evangelischen Kirche ins Leben gerufen wurde. Auf deren Homepage können sich Institutionen darüber informieren, wie sie ihre Beschaffung ausrichten und was sie besser machen können.
Frage: Wie kann jeder einzelne konkret dazu beitragen, das Thema kritischer Konsum stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft und der Politik zu rufen?
Tänzler: Man fängt am besten bei sich selbst an. Jede und jeder kann sich die Frage stellen: Wie öko-fair bin ich? Woher stammt eigentlich der Tee, den ich trinke, oder die Rasiercreme, die ich benutze? Das sind ganz einfache alltägliche Dinge. Wenn man diesen Fragen nachgeht, erlebt man manchmal sogar Überraschungen: Für Rasiercreme zum Beispiel werden sehr viele Wälder gerodet, die Lebensraum von Orang-Utans sind. Das ist ein sehr skurriles Beispiel, aber es bringt die Sache auf den Punkt: Es fängt im Kleinen an. Wichtig ist, dass man seine Erkenntnisse auch weiterträgt, beispielsweise durch das Engagement in einem Verein, einer Kirchengemeinde oder einer Initiative. So kann jeder und jede einzelne seinen Teil zum kritischen Konsum beitragen.
Frage: Sie hatten das Beispiel Rasiercreme angesprochen. Bei manchen Produkten weiß man häufig gar nicht, dass sie aus unfairen Produktionsbedingungen heraus geschaffen wurden. Wie kann man sich darüber informieren?
Tänzler: Wir haben für die Jugendarbeit gerade eine Postkartenkampagne gestartet. Auf einer Karte ist zum Beispiel ein Orang-Utan abgebildet und darunter steht „Warum rasieren sich Orang-Utans lieber trocken?“. Das Rätsel wird auf unserer Webseite
www.kritischerkonsum.de
aufgelöst. Hier geben wir auch praktische Tipps zu den Themen faire Kleidung, alternative Stromversorgung, ethisches Investment und Mobilität. Wichtig ist uns dabei, dass das, worüber wir informieren, auch konkret umsetzbar ist.
Das Interview führte Lena Kretschmann.