Diese „Wohlfühl-Kirchen“ böten eine Religiosität für den modernen, beanspruchten Menschen und vermittelten das Gefühl, der Gottesdienst mache wieder fit für den Alltag. Während die klassischen Pfingstkirchen die These vom US-Imperialismus überhaupt nicht nachvollziehen könnten, so Schäfer, griffen die Neo-Pfingstkirchen das Argument sogar selbst auf: Man wolle nicht länger die latinische, katholische Welt der Korruption, des Kungelns mit der Macht, sondern einen nordamerikanisch geprägten, auf Effektivität ausgerichteten Protestantismus. Pikant sei nur, dass mehrere Pfingst-Politiker, etwa in Guatemala oder Brasilien, damit erfolgreich angetreten und schließlich durch Korruptionsskandale gescheitert seien.
Der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip warnt vor einer Selbsttäuschung durch Mitgliederzahlen. Die Zahl der Kirchgänger und Engagierten bei den Pfingstkirchen sei wesentlich höher als bei den Katholiken. Es gehe in Wahrheit nicht um statistische 80 Prozent Katholiken zu 20 Prozent Protestanten; auszugehen sei etwa von rund 10 Prozent engagierten Protestanten und 15 bis 20 Prozent Katholiken.
Aufschwung der Pfingstkirchen
Der Thyssen-Manager Ekkehard Schulz, dessen Konzern zuletzt ein neues Stahlwerk in Brasilien eröffnete, attestiert den dortigen Kirchen weiter großen Einfluss und gesellschaftliche Gestaltungskraft. Sie vermittelten Werte und gäben sozialen Halt. Besonders die Pfingstkirchen hätten den Aufschwung der vergangenen zehn Jahre offenkundig gut genutzt, meint der Manager: durch Präsenz unter den Armen; den massiven Einsatz moderner Kommunikationsmittel; Präsenz an wichtigen Stellen in Politik, Showbusiness und Sport.