Doch selbst wenn sie sich nicht mehr in der Region aufhalten sollten und sich die Lage tatsächlich entspannt, kann sich Mahahamade Ag Ibrahim eine Rückkehr nach Mali nicht vorstellen. Er spuckt verächtlich in den Sand und redet sich dann in Rage: „Nach Mali kehre ich nicht zurück“, sagt er und kneift die Augen zusammen. Die übrigen Männer, mit denen er zusammen im Zelt, dem Treffpunkt der Männer im Camp Mentao Süd sitzt, nicken zustimmend. „Seit 1963 haben wir Tuareg gekämpft. Doch bis heute gibt es keine Veränderung, keine Verbesserung für uns.“ Er ballt die Fäuste, als er an die Tuareg-Rebellion kurz nach der Unabhängigkeit erinnert. Jetzt, 50 Jahre später, sollen die Ziele endlich umgesetzt werden. Für Mahahamade Ag Ibrahim heißt das: Aus dem Norden Malis muss endlich Azawad werden.
„Die MNLA, das sind wir“
Dafür hatte die Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) im vergangenen Jahr gekämpft und am 6. April 2012 den Staat Azawad ausgerufen. Innerhalb Malis haben sich viele Tuareg in den vergangenen Monaten längst von der Idee distanziert. Uneinigkeit besteht vor allem darüber, wen die MNLA überhaupt repräsentiert. Gewählte Vertreter gibt es nicht. Mahahamade Ag Ibrahim ist empört über diese Sichtweise: „Die MNLA, das sind wir. Sie vertritt uns.“ Wieder bekommt er Zustimmung von den übrigen Männern.
Sie verstehen nicht, warum sich die internationale Gemeinschaft mit der Anerkennung Azawads so schwertut. Im Norden Malis hätten immer Tuareg gelebt. Was Mahahamade Ag Ibrahim nicht sagt: Die Tuareg machen weniger als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Auch im Norden Malis leben viele andere ethnische Gruppen.
In Bamako gilt Azawad deshalb als Utopie, die keine Chancen hat. Klar ist den Politikern in den vergangenen Monaten allerdings auch geworden, dass man im Norden für einen dauerhaften Frieden – und damit auch für mehr Zufriedenheit – sorgen muss, etwa mit Hilfe einer Versöhnungskommission.
Nafisa Walet Nafisa ist das zu wenig. Zu oft sei sie vertrieben worden, sagt sie. Sie will kein unsicheres Leben mehr in der eigenen Heimat. „Nur wenn es Azawad gibt, dann kehre ich sofort zurück.“
Von Katrin Gänsler