Man kann sich gar nicht mehr vorstellen, dass es in Peru Kirchen gab, in die nur die Mestizen eintreten durften, in der Indigene von einem Balkon aus vor der Kirche belehrt wurden. Das Verständnis des Konzils von Kirche und Mission legte nicht nur die Grundlage für die Arbeit von
Befreiungstheologen,
sondern auch für eine neue Form von Kirche in
Basisgemeinschaften
und einigen prophetischen Priestern und Bischöfen, die sich für die Rechte der Urbevölkerung, für die Würde der Armen und den Schutz des Urwalds im Amazonasgebiet einsetzten – ein Engagement, das Viele mit dem Martyrium besiegelt haben. Und wie lange hatte diese Kirche mit Kritikern in der römischen Kurie hart kämpfen müssen, um ihre Option für die Armen leben und theologisch reflektieren zu dürfen, bis ein Papst aus Lateinamerika einen
Bischof Romero
offiziell selig sprach?
Kirche als Volk Gottes
Im Afrika hatte das Konzil andere Früchte getragen. Der zweite Weltkrieg hatte den viele Afrikanern, die als Soldaten teilnahmen, die erschreckende moralische Schwäche Europas vor Augen geführt und die Sehnsucht nach Unabhängigkeit geweckt. Schon die vorkonziliare Generation afrikanischer Priester träumte von einer eigenständigen Kirche. Die Sicht des Konzils von der Kirche als Volk Gottes (später als Familie Gottes interpretiert) sprach die afrikanische Seele an. Die konziliare Vision von Mission, wunderbar klar formuliert in der Enzyklika Evangelii Nuntiandi von Papst Paul VI., eröffnete die Möglichkeit einer echten Inkulturation der Liturgie, die zwar reiche Früchte trug, aber auch auf andere Bereiche des kirchlichen Lebens ausgeweitet werden müsste. Angesichts der Konflikte in zahlreichen Ländern heute wird Versöhnung eine Schlüsselaufgabe der afrikanischen Kirche.
Eigenständigkeit der Ortskirchen fördern
Die Vorträge und Diskussionsbeiträge des Tages machten sichtbar, wie unterschiedlich in der einen katholischen Weltkirche die gesellschaftlichen und pastoralen Situationen der Ortskirchen sind und eröffneten eine Fülle von Fragen und Perspektiven, Ideen und Vorschlägen. Für die Zukunft der Kirche in diesen Kontinenten scheint mir die Eigenständigkeit der Ortskirchen von herausragender Bedeutung – sowohl theologisch wie praktisch. Die Ortskirchen sind eben „nicht Außenstellen des Vatikans“ und Bischöfe nicht „Kapläne des Papstes.“ Wie kann die Kirche dieser Vielfalt gerecht werden, ohne ihre Einheit zu schwächen? Nur durch eine Dezentralisierung und eine Stärkung der Verantwortungen der Ortskirchen, wie sie Papst Franziskus wünscht, lassen sich Antworten auf so verschiedene Herausforderungen der Evangelisierung finden. Die Eigenständigkeit der Ortskirche ist aber nicht möglich ohne eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. Die deutsche Kirche könnte da einen wichtigen Beitrag leisten, z.B. durch Hilfe zum Ausbau einer effizienten Finanzverwaltung.